Der Ort, da alles bis zuletzt festgefroren war

Blau und Gloeckchensilber

Bereits beim Aussteigen in Borgsdorf liegt ein Geruch von etwas in der Luft, das nicht dorthin passt. Nicht in die minus sieben Grad Celsius. Selbst die Moore, hier heißen sie „Luch“, sind zugefroren.

Das Papenluch ist an diesem Sonntag der Zufluchtsort des Winters. Hier, genau hier, genau jetzt, ist alles bis zuletzt fest verschnürt, Erde zu Stein, Wasser zu Eis, Luft zu Metall. Nur die Trübe im Eis des Moores zeigt: Bald geht es weiter. Kein Eisgriff final. Live is Life. Auf der Fußgängerbrücke über die Autobahn, die von den Mooren nach Birkenwerder führt, haben Jugendliche Seile so geschnürt, dass man unter ihnen hindurch kriechen muss.

Auf dem Boddensee in Birkenwerder herrscht Volksvergnügen. Die Zwölfjährigen schlittern selbstabgebrochene Eishockeyschläger über den Weiher, Dreijährige werden im Schlitten, acht Monate alte Säuglinge von schlittschuhfahrenden Elternteilen im Kinderwagen transportiert. Senf, Ketchup, ja ein kompletter Grillgeruch wandern mit der S-Bahn-Trasse vom See zum Stadtzentrum.

Ob tatsächlich irgendwo ein Rost glühte; niemand vermag es zu sagen.

Hier heute, da morgen

Eine Straßenmarkierung weiß aus Thermoplastik des Herstellers Premark Motiv „30“ kostet 67,15€. Folglich kostet die gleiche Straßenmarkierung weiß aus Thermoplastik mit dem Motiv „50“ ungefähr 20€ mehr, nämlich 89,25€. Bei gleichen Eigenschaften wie fertig zum Verlegen, ausgezeichnete Nacht- und Tagsichtbarkeit oder auch mit 30% Reflexperlen.

Bei Straßen geht es schließlich um Geschwindigkeit. Die 50 ist mehr wert als die 30. Bei Straßen wollen uns heute hierhin bringen, und es uns ermöglichen, morgen schon da zu sein oder dort.

Für langsamere Geschwindigkeiten gab es niemals zuvor entsprechende Straßenmarkierungen. Inzwischen aber wurden auch 10er und 20er eingeführt. Im Zuge der Slow Food- und Pilger-Bewegungen gibt es bald auch 5er und 2,5er-Markierungen. Im Zuge des Kompetitivkapitalismus gibt es bald auch Mikro-, gefolgt von Nano-Slow Food und entsprechenden Pilger-Ideen.

Dann gibt es auch 0,1er-, 0,2er- und 0,5er-Markierungen. Sie sind umsonst bei Vorlage einer Teilnahmebestätigung im Umfang von acht Besuchen eines zehnteiligen Pilates-Kurses.

 

Bleep bleep, bleep bleep

Ohne Echo kein Bleep, Piepsen in der Schleife, das ist Bleep, und die Schleife wird gemacht. Üblicherweise gemacht, indem ein Synthesizerton oder -Akkord durch einen Effekt geschickt wird. Ein Delay. Oder ein Echo. Die elektronische Musik, die von diesen Bleeps lebt, kommt ohne diese Bleeps seit Mitte der 80er, Anfang der 90er Jahre nicht mehr aus. Es gab sie sogar schon früher, bei Klaus Schulze etwa, bei Andreas Grosser, bei den Synthie-Pionierinnen und -Pionieren. Ruth White, Raymond Scott. Und Bleeps hören bedeutet ja auch, wie es bei William Gibson heißt, „Mustererkennung“ lernen.

Ein hypnotisches, trance-induzierendes Sich-Wiederholen von Sinneseindrücken, Gedanken, Vorstellungen. Es piepst. Und dann piepst es dort auch. Und dort. Jemand geht in der Linienstraße an mir vorbei und trägt eine grüne Mütze. Weiter unten in der Auguststraße der Kunstrasenplatz in seinem Kunstrasengrün. Mein kunstrasengrüner Mikrofonständer. Matcha-Tee bei DM.

Das Piepsen folgt auf den Pieps, die Form migriert, das Muster erkennt sich selbst.